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Verantwortung, smarte Gewächshäuser und Grießbrei – Nachbericht des 4. Tag der Nachhaltigkeit

4. Tag der Nachhaltigkeit
Quelle: Sarah Horvat

Der vierte und letzte Tag der Nachhaltigkeit (TdN) in diesem Jahr startete unter dem Themenblog „Landwirtschaft und Ernährung“. Der Abschluss fand jedoch nicht am 8. Dezember, sondern am 9. Dezember mit dem Film „Dear future children“ statt.

Auch dieses Mal waren wieder Interessierte unter anderem von der Hochschule Darmstadt (h_da) und der Technischen Universität Darmstadt (TU Darmstadt) vertreten und hörten den spannenden Vorträgen und Workshops zu. Außerdem bot das Studierendenwerk Darmstadt (stwda) den ganzen Tag den sogenannten „Klimateller“ an. Studierende konnten sich in den Mensen die CO2-Werte aller Gerichte anschauen und bekamen so einen Überblick über das klimafreundliche Essensangebot.

Die große Verantwortung der Lebensmittelunternehmen

Aufgrund der Corona-Pandemie musste der Info-Stand der Ökomodell-Region Süd und dem stwda ausfallen. Somit begann die World University des Deutschen Komitee e.V. Service STUBE Hessen & Universität Kassel mit ihrem englischen Vortrag „Corporate Social Responsibility Practices in Food Business“.

Es folgte eine kurze Einführung in die Sustainable Development Goals der UN, um daraufhin als Gruppe Lösungsansätze zur Verwirklichung dieser Ziele zu diskutieren. Fazit war, dass die verschiedenen Länder ihren Beitrag beisteuern müssen, um die Ziele der Nachhaltigkeit zu erreichen. Dabei sollten diese 17 Ziele nicht einzeln behandelt, sondern als ein großer Verbund betrachtet und angegangen werden. Danach testeten die Teilnehmenden ihr Wissen über „Corporate Social Responsibility“, kurz CSR. Es stellte sich heraus, dass vier Großkonzerne des Lebensmittelsektors über die Kontrolle von mehr als 70 Prozent des Weltmarktes verfügen. Dabei stammen 70 Prozent der Lebensmittel des weltweiten Handels von kleinen Farmen.

Abschließend führte der Sprecher Evans Appiah Kissi, Ph.D., in seinem Vortrag weiter aus, warum Großkonzerne in CSR investieren sollten und welche Vorteile diese Investition mit sich bringen würde. Diese betrachtete die Gruppe anschließend und diskutierte gemeinsam darüber. Moralische Aspekte als auch institutioneller Druck und das Expandieren der Konzerne waren Schwerpunkt der Betrachtung. Während der Diskussion kam die Gruppe zu dem Schluss, dass es nicht so einfach ist, Lösungen zu etablieren oder eine spezifische Adressat*innengruppe herauszustellen, um den Erfolg von dieser abhängig zu machen. Politik, Großkonzerne und der Normalverbraucher im Supermarkt müssen zusammenwirken, um die „Sustainable Development Goals“ bis 2030 zu erreichen.

Für Interessierte des Vortrags „Corporate Social Responsibility Practices in Food Business“gibt es hier ein Quiz über die 17 Ziele der Nachhaltigkeit, sowie hier ein Test über Schokolade.

Insektensterben, Fischsterben und Extremwetter

Weiter ging der 4. TdN mit einem ebenfalls interaktiven Vortrag von der initiativen StartUp-Gruppe „Smarter Earth“. Dieser wurde in drei Teile aufgespalten. Zunächst wurden im ersten Teil von Marc Lovrić Problemfelder beleuchtet, die in der Landwirtschaft durch den Klimawandel vorherrschen. Dazu gehörten beispielsweise extreme Wetterlagen, das Sterben von 40 Prozent aller Insekten sowie die Nährstoffüberversorgung, auch Eutrophierung genannt, welche zu Fischsterben führen kann.

Innovative Landwirtschaft für den Klimaschutz

Smarter Earth vertritt die Auffassung, dass eine Innovationskultur statt einer Verbotskultur für den Klimaschutz angestrebt werden sollte. Deshalb begann der zweite Teil des Vortrags mit einer Quizrunde über Möglichkeiten der Innovationsgestaltung. Joschka Gutensohn von Smarter Earth erklärte daraufhin, was der Vorteil einer innovativen Umformung der Landwirtschaft ist, und wie neue Technik bis zu 80 Prozent der Landfläche einspart. Dabei bezog er sich auf die Hydroponik und Aeroponik, bei denen Pflanzen ihre Nährstoffe nicht mehr über die Erde, sondern über Wasser oder Dampf zugefügt bekommen. Somit werden Wachstum und Ertrag kontrolliert und potenziert.

Insgesamt stellte Smarter Earth drei Typen einer neuen, innovativen Landwirtschaftsnutzung vor:

  • Die Aero Farm, bei der das PFAL-System die Bepflanzung der Obst- und Gemüsesorten in der Vertikalen anbaut und nicht in die Horizontale.
  • In Store Farmen, welche in deutschen Supermärkten direkt ihre Pflanzensorten kaufbereit züchten.
  • Und das iDOO, welches einen Smart Garden für zu Hause entwickelte

Pflanzenzucht mal anders gedacht: „Smarter Earth“ und der „Florator“

Nach einer Umfrage, wie denn konkrete Förderungsmöglichkeiten aussehen könnten und ob Vertical Farming als Problemlöser betrachtet werden kann, stellte Alexander Schäfer im dritten Vortrag den Florator vor. Diesen entwickelte Smarter Earth selbst. Dabei handelt es sich um ein smartes Gewächshaus mit Aeroponik für Zuhause. Es kann vertikal gestapelt werden und hat eine Wassereinsparung von 98 Prozent. Mit einer App wird der Zyklus des Wachstums und der Nährstoffversorgung für die Pflanze bestimmt. Den Vortrag beendete Herr Schäfer anschließend mit einer Umfrage zu den Vor- und Nachteilen des Florators. Außerdem stellte Smarter Earth die Frage, ob sich die Teilnehmenden vorstellen könnten, selbst ein smartes Gewächshaus zu besitzen. Die Mehrheit der Teilnehmenden bejahte die Frage, wobei der Kostenfaktor auch eine Rolle spielen würde.

Klimaschutz geht (auch) durch den Magen

Anschließend folgte ein Live-Kochabend der studentischen Hochschulinitiative der h_da (sti:ne). Die Teilnehmenden erfuhren zunächst einen inhaltlichen Impulsvortrag zum Thema Nahrung und Ersatzprodukte. In der abschließenden Diskussion konnten sie dann gemeinsam über ihre Erfahrungen mit dem eigenen Lebensmittelkonsum austauschen.

In kleiner Runde wurde das Gericht Fusilli in veganer Sahnesoße mit Räuchertofu und Schwarzwurzel zubereitet. Als Dessert folgte Grießbrei mit selbstgemachtem Apfelkompott. Fröhlich erklärten die Mitglieder der sti:ne Schritt für Schritt den gesamten Kochvorgang. Somit konnte jede*r pünktlich sein angerichtetes, warmes Essen mit in die Podiumsdiskussion nehmen, welche im Anschluss stattfand. Dabei gefiel nicht nur das Essen, sondern auch die heitere Anleitung und die entspannte Atmosphäre, welche den gesamten Kochabend vorherrschte. Die Rückmeldungen waren so ermutigend und positiv, dass die sti:ne überlegt, weitere Projekte dieser Art zu initiieren.

Wer zukünftig ähnliche Veranstaltungen wie den Kochabend der sti:ne nicht verpassen möchte, folgt ihr am besten auf Instagram.

Solidarität, auch in der Landwirtschaft

Den letzten Beitrag für diesen Tag bildete die Podiumsdiskussion der TU Darmstadt mit dem Thema “Farmers, Food and Future” — Sozial-ökologische Transformationsprozesse im Landwirtschafts- und Ernährungssystem. Nachdem die Gäste aus den verschiedenen Bereichen (Ackerbesetzung Neu-Eichenberg, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., Bioland e.V., IG BAU, Kartoffelkombinat e.V.) vorgestellt wurden, erfolgte eine Diskussion unter der Moderation von Politikwissenschaftlerin Dorothea Schoppek. Themenschwerpunkt bildete die Solidarische Landwirtschaft (Solawi). Bei einer Solawi tragen mehrere private Haushalte die Finanzierungskosten eines landwirtschaftlichen Betriebs und erhalten im Gegenzug dessen Ernteertrag. Dies soll die Nähe von Verbraucher*innen zu Erzeuger*innen herstellen und einer industriellen, Markt abhängigen Landwirtschaft entgegentreten. Dass sich dies nicht als einfaches Unterfangen durchsetzen lässt, wurde in den Beiträgen der Gäste schnell deutlich. Zwar existieren nationale Strategiepläne der sozialen Konditionalitäten, welche bis 2025 in Deutschland umgesetzt werden sollen. Jedoch gab der Bayerische Bauernverband zu bedenken, dass schon eine frühere Umsetzung auf 2023 angestrebt werden sollte.

Generell bildete sich der Konsens heraus, dass es schwierig ist, auf alle Bedingungen und Wünsche gleichermaßen Rücksicht zu nehmen. Es bedarf einer verbesserten Kommunikation unter den einzelnen Akteur*innen in der Bodenpolitik, um gezielt Probleme und Perspektiven der Agrar- und des Umweltschutzes anzusprechen.

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