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Das Gauss-Project im Interview: „Auf einer Rennveranstaltung wurden wir ausgebuht…“

Elektro-Motorrad

Eine Hochschulgruppe zur E-Mobilität.

Vor mittlerweile neun Jahren gründete Marcel Attila Kiss die Hochschulgruppe „Gauss-Project“, in welchem die Studierenden das Thema Elektro-Mobilität erforschen und eigene E-Motorräder bauen. Wie sie zum Thema nachhaltige Entwicklung stehen und warum sie mit vielen Vorurteilen zu kämpfen haben, erklärt der Gründer im Interview.

Wie ist die Idee entstanden, eine Hochschulgruppe zum Thema E-Mobilität zu gründen?

Das Ganze hat 2010 mit meiner Diplomarbeit im Fachbereich Gestaltung und Industriedesign begonnen. Ich habe mich mit E-Mobilitätskonzepten beschäftigt und daraus ist ein Elektromotorrad entstanden. Mit meiner Idee bin ich zu meinen Professoren gegangen und habe gefragt, ob man daraus ein Hochschulprojekt machen kann. Sie fanden die Konzepte spannend. So hat sich das Hochschulprojekt entwickelt, und wird nun von Herrn Professor Bauer aus dem Fachbereich Elektrotechnik betreut.

Das hört sich nach einem reibungslosen Start an, gab es auch Probleme, die ihr schon zu Beginn lösen musstet?

Zum Glück hatten andere Studenten auch Interesse an dem Projekt. Zusammen haben wir das erste E-Motorrad gebaut. Mittlerweile hat sich das Ganze weiterentwickelt. Damals wollten wir eigentlich nur testen, ob unsere Ideen wirklich funktionieren, mittlerweile ist es ein Projekt von Studierenden für Studierende. Es entstehen Themen für Abschlussarbeiten und Studierende haben die Möglichkeit, ihre eigenen Ideen zu erforschen und umzusetzen.

Wir standen aber schnell vor dem Problem, dass wir Sponsoren brauchten. Daher mussten wir das Projekt auch für die Industrie interessant gestalten. Dadurch kamen dann Studierende aus anderen Studiengängen hinzu. Wirtschaftsingenieure managen das Projekt und Industriedesigner übernehmen die Gestaltung. Aber auch Kommunikationsdesigner sind bei uns vertreten und natürlich Maschinenbauer und Elektrotechniker. Das Schöne daran ist, dass so ein interdisziplinärer Austausch zwischen den Studierenden stattfinden kann.

Ist das Gauss-Projekt Teil eines Moduls für welches die Studierenden Credit Points erhalten, also ein Kurs, der den Studierenden als Prüfungsleistung anerkannt wird?

Nicht direkt. In einigen Studiengängen gibt es die Möglichkeit Semester- oder Projektarbeiten durchzuführen, für die es auch Credit Points gibt. Aber es ist unser Ziel, dass das Projekt irgendwann als ein solches Modul angeboten wird. Es wäre schön, wenn gerade auch Studierende anderer Studiengänge an unserem Projekt teilnehmen könnten und dafür auch Credit Points erhalten würden. Natürlich kann man aber auch freiwillig bei uns mitmachen.

Elektrofahrzeug geschlossen
Die Fahrzeuge sind teilweise in Vorlesungen eingebunden, daran können verschiedene Versuche und Messungen gemacht werden.

Gerade in letzter Zeit hört man ja sehr viel über nachhaltige Entwicklung, auch im Bereich der E-Mobilität. Wie steht ihr zu dem Thema?

E-Mobilität steht für mich eigentlich immer für Nachhaltigkeit. Hier und heute sollten Menschen nicht auf Kosten der Menschen in anderen Regionen der Erde und auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Unser Schwerpunkt ist es aber nicht Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln, sondern in der Praxis Lösungen zu finden, die nachhaltig sind.

Im Studium habe ich gemerkt, dass es mit Verbrennungsmotoren in der Zukunft nicht weitergehen kann. Natürlich ist es ein spannendes Thema, aber meiner Meinung nach nicht zukunftsorientiert. Zum Beispiel gibt es an der Hochschule ein Verbrennungsmaschinenlabor, ein riesiger Komplex mit gerade einmal vier Verbrennungskraftmaschinen. Diese müssen gekühlt und die Abgase abgeleitet werden, man braucht Katalysatoren wegen den Schadstoffen und so weiter. Im Gegensatz dazu haben wir einen Prüfstand gebaut, der in gewisser Weise das Gleiche kann, nämlich einen Motor untersuchen, jedoch nur die Größe von einem Tisch hat. Und dabei verbrennen wir kein Benzin, weil er so intelligent konzipiert ist, dass er die Leistung zurück speist. Wir müssen also nur sehr wenig Energie hinzufügen, um die Verluste aufzufangen. Diese treten zum Beispiel in Form von Ummagnetisierungs-, Reibungs- oder elektrischen Widerstandsverlusten auf.

Prüfstand
Der Prüfstand wurde von Studenten im Rahmen ihrer Abschlussarbeit entwickelt. Nun kann daran geforscht, getestet und entwickelt werden.

Und was baut ihr sonst noch selbst?

Wir konzentrieren uns aktuell vor allem auf Energiespeicher, sprich die Batterien, und das Gesamtfahrzeugkonzept, weil es in diesen Bereichen noch viel Potenzial für Verbesserungen gibt.

Gerade bei den Batterien gibt es viel Kritik in Bezug auf die Entsorgung. Wie steht ihr dazu?

Genau, die größten Kontroversen gibt es bei den Batterien. Die bauen wir aber nicht selbst, sondern erhalten sie von unseren Sponsoren. Aber da sind die Hersteller in der Pflicht nachhaltig zu handeln. Sie müssen zum Beispiel verkaufte Batterien zurücknehmen, wenn diese nicht mehr verwendet werden können. Deshalb sind die Firmen selbst auch daran interessiert, die Batteriezellen möglichst vollständig zu recyceln. Wir verbauen die einzelnen Batteriezellen dann nach einem modularen Ansatz. Bei dem Motorrad besteht die Batterie zum Beispiel aus 12 Modulen. Das heißt, dass nicht die ganze Batterie entsorgt werden muss, wenn eine Batteriezelle defekt ist, sondern nur das Modul in dem sich diese befindet.

Die Batterie kann entnommen werden
Die Batteriezellen werden in Modulen verbaut, wodurch man die Module aus dem Motorrad herausnehmen kann. Man muss also nicht das gesamte Motorrad laden, sondern nur die Batterie.
Batterie
Der Energiespeicher ist in 12 Module aufgeteilt, sollte eine Batteriezelle kaputtgehen, muss nicht der gesamte Speicher entsorgt werden, sondern nur das defekte Modul. Die Module sind auch zerlegbar, wodurch sie bis zu einem gewissen Grad gewartet werden können.

Habt Ihr ansonsten noch mit weiteren Vorurteilen in Bezug auf E-Mobilität zu kämpfen?

Ja, viele Leute verbinden die E-Mobilität mit Nachteilen, wie einer geringen Reichweite. Genau da versuchen wir Überzeugungsarbeit zu leisten, weshalb wir auch auf vielen Messen ausstellen. Das ist aber auch ein Grund dafür, dass wir uns für ein Motorrad entschieden haben, um zu zeigen, dass E-Mobilität nicht langweilig sein muss, sondern auch Spaß machen kann. Dadurch wollen wir auch zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht heißt, dass man auf Aktivitäten wie Motorradfahren verzichten muss, sondern es umweltfreundlichere Alternativen gibt.

Es ist nicht unser Schwerpunkt, aber manchmal nehmen wir auch an Rennen teil und gerade zu Beginn hatten wir dort mit viel Gegenwind zu kämpfen. Auf einer Rennveranstaltung, zu der wir eingeladen waren, wurden wir ausgebuht oder die Leute sind aufgestanden und gegangen, als wir kamen.

Es braucht noch viel Überzeugungsarbeit: Zum einen, dass es mit den Verbrennungsmotoren in der Automobilindustrie nicht weitergehen kann und zum anderen, dass E-Mobilität besser ist als ihr Ruf. Zum Beispiel bedeutet E-Mobilität für uns nicht, dass man nur eine geringe Reichweite hat, oder immer danach planen muss, wo sich die nächste Ladestation befindet. Die Batterie in unserem Motorrad kann entnommen werden, so kann man theoretisch auf längeren Strecken eine Ersatzbatterie zum Tauschen verwenden. Man muss also nicht mehr viele Kompromisse eingehen, und die E-Mobilität hat viele Vorteile, gerade in Bezug auf die Umweltverträglichkeit.

Wie sieht Euer Plan für die Zukunft aus?

Es geht immer weiter, momentan arbeiten wir an einem neuen Motorrad, mit dem Schwerpunkt Energiespeicher. Wir wollen die Batterien noch effizienter gestalten und die E-Mobilität dadurch weiter voranbringen. Außerdem wollen wir den Studierenden weiterhin die Möglichkeit geben, sich weiter zu bilden.

Das neue Motorrad ist absichtlich als Rennsport-Motorrad designt, um Vorurteilen entgegenzuwirken, denn E-Mobilität muss nicht langweilig oder langsam sein.
Der Prototyp wird gerade gebaut. Hierbei wird auch darauf geachtet, dass es noch mehr Schnittstellen zu anderen Projekten und verschiedenen Studiengängen gibt, um allen Studierenden die Möglichkeit zu bieten an diesem Projekt mitzuwirken.

Weitere Informationen, rund um das Gauss-Project finden Sie auf gauss-project.com und auf Facebook.

Lust bekommen beim Gauss-Projekt mitzumachen?


Dann schreibt eine Mail an gauss@h-da.de

Birkenweg 8
64295 Darmstadt
Büro: D16,-

Jeder kann mitmachen, ganz egal welcher Studiengang oder welches Semester!

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