Im Februar fand die Abschlussveranstaltung der Ringvorlesung Herausforderung Nachhaltige Entwicklung statt. Dahinter steckt die Initiative: Nachhaltige Entwicklung (i:ne) in Zusammenarbeit mit dem Green Office der Hochschule Darmstadt. Seit dem ersten Durchgang im Wintersemester 2014 lautet das ständige Ziel, die nachhaltige Entwicklung in der Region voran- und den Studierenden näherzubringen.
Alle Veranstaltungen der Ringvorlesung sind für das interessierte Publikum offen. Daran hat auch die Corona-Pandemie nichts verändert. In den Jahren 2021 und 2022 fand die Ringvorlesung ausschließlich digital statt, während es diesmal ein hybrides Format war. Laut Anna Schilling (Mitarbeiterin der i:ne und des Nachhaltigkeitsmanagements) wird die Ringvorlesung eine Hybridveranstaltung bleiben, weil man über den Weg Gäste und Referent:innen mit einer weiten Anreise einladen kann, die ohne diese Option womöglich absagen würden.
Das Ziel der Ringvorlesung
Mit dem diesjährigen Schwerpunkt Zukunft der Technik – Technik der Zukunft möchten die Referent:innen aufzeigen, dass die Thematisierung der nachhaltigen Entwicklung viel mehr bedeutet als sich nur mit Umweltthemen auseinanderzusetzen. Für eine nachhaltige Entwicklung sind sowohl soziale als auch gesellschaftliche Themen von Bedeutung. Ziel ist, zu kritischem Denken anzuregen. Die Studierenden sollen sich der Problematik bewusstwerden. Beides wertfrei; weder in die eine noch in die andere Richtung, betonte Anna Schilling. Alle Referent:innen bspw. vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Umweltbundesamt oder WWF sollten die Chancen und Risiken offen und ehrlich kommunizieren (Themen-Übersicht Ringvorlesung).
Ein dafür oft genutztes Wort, dem eine eigene Vorlesung am 9. Februar gewidmet wurde, ist die Technikfolgenabschätzung. Ziel der Herangehensweise ist, von Vornherein mögliche Risiken auszuschließen oder zu minimieren. Das lässt sich mit Beispielen aus der Ringvorlesung erklären.
Mit Pflegerobotern dem Fachkräftemangel trotzen
Im November 2022 wurden Pflegeroboter unter dem Aspekt der Technikfolgenabschätzung beleuchtet. Pflegeroboter könnten die Lösung eines stark überlasteten Pflegesektors durch eine alternde Gesellschaft bei zu wenig Pflegekräften darstellen. Ein Problem ist der Datenschutz. Damit Roboter die Pflegekräfte bei ihrer Arbeit sinnvoll entlasten, müsse zunächst der Gesetzgeber ran, damit auf Grundlage dessen der Pflegeroboter als System entwickelt werden kann.
Mit Negativemissionen das 1,5°-Ziel erreichen
Berit Arlach (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, acatech) und Dana Ruddigkeit (Umweltbundesamt) untersuchten in ihrer Vorlesung die Idee der Negativemissionen, einer Form des Climate-Engenieering (Technikfolgenabschätzung Climate-Engenieering). Dabei werde der Atmosphäre Kohlenstoffdioxid (CO2) entnommen, um es im zweiten Arbeitsschritt in Bodenschichten zu befördern. Problematisch ist, dass sich die Tragweite derweil nur schwer skalieren lässt. Dennoch sind die Negativemissionen im 1,5°-Ziel inbegriffen. Der Erfolg der Technologie ist von zwei wesentlichen Faktoren abhängig. Um unserem Planeten CO2 entwenden zu können, muss Energie aufgewendet werden. Der positive Effekt der Negativemissionen würde aktuell bei einer CO2-verursachenden Energienutzung, aber auch beim Gebrauch von erneuerbaren Energien, wenn die Energie nun an anderer Stelle fehlt, zunichte gemacht.
Versuchsanlage in Island
Derweil steht eine Versuchsanlage in Island, die ihren Energiebedarf aus heißen Quellen bei Vulkanen deckt. Wie überall auch, müssen Bodenschichten gewählt werden, die das CO2 nicht entweichen lassen. Somit sind die Negativemissionen kein Allheilmittel, doch können eine wichtige Ergänzung darstellen.
Weitere Informationen über die erwähnte Versuchsanlage:
Doppelmoral der Digitalisierung – Wie Rechenzentren unsere Energie fressen und was dagegen zu tun ist?
Bei der vorletzten Veranstaltung der diesjährigen Ringvorlesung schlüpften Studierende aus dem Begleitseminar in die Rolle der Dozent:innen. So untersuchte das Trio bestehend aus Marla Roh (Risk Assessment and Sustainability Management, kurz: RASUM), Paul Breiner (RASUM) und Nico Gerlach (OK) die Doppelmoral der Digitalisierung – Wie Rechenzentren unsere Energie fressen und was dagegen zu tun ist? Damit thematisierten sie den Konflikt der Ziele der Klimaneutralität bis 2045 mit dem Ziel, dass Deutschland in einer digitalisierten Welt wettbewerbsfähig bleibt. Laut dem Branchenverband Bitkom werde sich der Energieverbrauch von Rechenzentren von 2010 bis 2030 verdreifacht haben. In Frankfurt waren Rechenzentren mit 1,6 Terawattstunden im Jahr 2021 der größte Energieverbraucher der Stadt. Deutschlandweit sind im Vorjahr über sechs Millionen Tonnen CO2 auf Rechenzentren zurückzuführen. Als eine Ursache identifizierte die Gruppe den wachsenden Datenverkehr durch bspw. Videostreaming. Dennoch gibt es Beispiele, die zeigen, dass auch hier an Innovationen im Sinne der nachhaltigen Entwicklung gearbeitet wird. Läuft der Datenverkehr über Glasfaser führt das zu 45-mal weniger Treibhausgasen im Vergleich zu einer Datenübertragung über den Mobilfunkstandard 3G. Weitere Lösungsansätze der Gruppe sind eine noch energieeffizientere Nutzung von Rechenzentren durch optimierte Hard- und Software, die Nutzung von versiegelten Flächen und die Nutzung der Abwärme aus Rechenzentren zum Heizen.
Aus der Luft gegriffen: Kann Direct Air Capture unser Klima retten?
Das Projekt der vier Student:innen aus den Studiengängen Maschinenbau, Biotechnik, Online-Kommunikation und RASUM heißt Aus der Luft gegriffen: Kann Direct Air Capture unser Klima retten? Direct Air Capture (DAC) funktioniert wie ein Staubsauger für das CO2 in der Luft. Mit DAC soll nicht nur bis zu einem festgelegten Jahr weniger CO2 ausgestoßen werden, sondern bereits ausgestoßenes CO2 soll der Atmosphäre wieder entnommen werden. Vereinfacht formuliert, wird das Kohlenstoffdioxid der angesaugten Luft mittels eines chemischen Vorgangs getrennt. Anschließend wird das CO2 ähnlich zu den Negativemissionen unter der Erde gelagert oder als sogenanntes E-Fuel oder für ein schnelleres Wachstum bei Pflanzen in Gewächshäusern genutzt. Die Krux sei, dass das Verfahren nicht zu weniger CO2 führt, sondern bereits ausgestoßenes CO2 einem Kreislauf der Wiederverwertung hinzufügt, sodass ein wirksamer Klimaschutz weiterhin notwendig bleibt. Darüber hinaus ist das Verfahren selbst noch energieintensiv und die Maschinen teuer.
Diese Vorträge und Plakate wurden durch die Studierenden im Begleitseminar zur Ringvorlesung ausgearbeitet. Jedes Jahr wird die Ringvorlesung durch ein Begleitseminar ergänzt in dem Studierende die Chance bekommen, sich noch etwas tiefer mit den Themen der Vorlesung auseinander zu setzten und eigene Ideen und Meinungen zu diesen Themen zu entwickeln.
Wer mehr über als die im Nachhaltigkeitsblog vorgestellten Themen der Ringvorlesung erfahren möchte, kann sich alle Projektplakate online über den Dienst Hessenbox ansehen.
So geht es weiter
Grundlegende Informationen rund um die Ringvorlesung Herausforderung Nachhaltige Entwicklung können der Website der i:ne entnommen werden. Die Ringvorlesung bleibt ein öffentliches Angebot. Wie immer können alle Studierende auch im Wintersemester 2023/ 2024 die Veranstaltung sowie das Begleitseminar im Begleitstudium Sozial- und Kulturwissenschaften (SUK) belegen. Hier lohnt sich für Studierende ein Blick in die SuK-Wahl sobald die Freischaltung für das Wintersemester erfolgt. Im nächsten Wintersemester organisiert die Veranstaltung das Green Office und das Nachhaltigkeitsmanagement. Das neue Schwerpunktthema für das Wintersemester ist noch nicht bekannt.
Autor: Leon Ebersmann
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