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Was sich ändern muss, um S-Pedelecs attraktiver zu machen

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Vivien Albers ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der s:ne | Quelle: privat

Was braucht es, damit es für Pendelnde eine attraktive Alternative zum Auto gibt? Welche regionale Infrastruktur ist dafür nötig? Und wie ist diese weiterzuentwickeln? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich Vivien Albers, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Darmstadt (h_da). Sie arbeitet im Teilprojekt “Innovative Nahmobilität” des Projekts “Systeminnovation für Nachhaltige Entwicklung – s:ne”, in dem das Forschungsteam gemeinsam mit einem Praxispartner das Darmstadt Vehikel (DaVe) entwickelt – ein Allwetterfahrrad für Pendelnde, von muskelkraft angetrieben, aber motorunterstützt. Ob und wie DaVe auch als schnelleres Pedelec (also S-Pedelec) auf Radverkehrsanlagen zum Einsatz kommen kann, analysierten Vivien Albers, der Projektleiter Prof. Dr. Martin Führ und die wissenschaftliche Mitarbeiterin Alina Anapyanova und hielten die Erkenntnisse in einem Papier fest. In dessen Inhalte gibt Vivien Albers im Interview einen Einblick.

Was sind die Besonderheiten von S-Pedelecs und warum steigen nicht mehr Pendelnde auf S-Pedelecs um?

S-Pedelecs sehen aus wie normale E-Bikes. Ihr Motor unterstützt den Pedalantrieb aber bis zu einer Geschwindigkeit von 45 Kilometer pro Stunde; das “S” steht also für “Speed”. Sie ermöglichen daher ein kraftsparendes und zügiges Fahren, was sie bis zu einer Entfernung von etwa 25 Kilometern besonders interessant macht. Theoretisch sind sie also für Alltagsverkehre eine attraktive und nachhaltigere Alternative zum eigenen Pkw. In der Praxis allerdings bremsen ungünstige Voraussetzungen die Verkehrswende: Die rechtlichen Rahmenbedingungen erlauben es S-Pedelecs nicht, Radwege zu nutzen. Für viele ist das ein großes Hindernis. Das Projekt s:ne der h_da untersuchte daher die rechtlichen Rahmenbedingungen und fragte: Wie lassen sich diese zu Gunsten von S-Pedelecs anpassen?

Was braucht es, dass S-Pedelecs auf Radwegen genutzt werden können?

Das Beispiel Baden-Württemberg zeigt, dass es heute schon möglich ist, Radwege für S-Pedelecs zu öffnen. Das dortige Verkehrsministerium hat das Zusatzzeichen „S-Pedelecs frei“ zum Einsatz freigegeben. Die Stadt Tübingen hat davon bereits Gebrauch gemacht: Und zwar ohne dass es dort bislang zu Unfällen mit S-Pedelecs kam. Eine solche Freigabe ist auch in anderen Bundesländern möglich. Allerdings bestehen selbst dann weiterhin Unsicherheiten bei den Verantwortlichen vor Ort. Derzeit gibt es keine Anwendungshilfen, die den zuständigen Behörden Unterstützung bieten.

Wie steht es um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden?

Schon E-Bikes sind oft schneller als erwartet. Und dann noch die S-Pedelecs? Macht es da wirklich Sinn, auch für sie die Radwege zu öffnen? Die Antwort: Sicherlich nicht überall. Es kommt vielmehr auf die konkreten Bedingungen an. Nicht jeder Radweg ist von Qualität und Breite dafür geeignet. Jedoch: So wie ein Sportwagen innerörtlich die Höchstgeschwindigkeit und das Gebot ständiger Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme zu beachten hat, so trifft dies auch auf S-Pedelecs zu. An Stellen mit erhöhtem Konfliktpotential – zum Beispiel an Einmündungen und Kreuzungen – kommen also auch Geschwindigkeitsbegrenzungen in Betracht. Damit die Öffnung der Radverkehrsanlagen im Sinne einer Mobilitätswende zielführend ist, ist zudem die Pendel-Relevanz einer Strecke zu beachten. Vor allem überörtliche Radwege bieten sich daher für eine Öffnung an.

Wie gehen andere Länder damit um und wie geht es in Deutschland weiter?

In der Schweiz oder auch Belgien ist man hier schon weiter: Dort dürfen S-Pedelecs die Fahrrad-Infrastruktur nutzen. Langfristig empfiehlt es sich, auch in Deutschland Anpassungen im Rechtsrahmen in Angriff zu nehmen, um die Potentiale S-Pedelecs besser zu nutzen. Hierfür besteht auch weiterer Forschungsbedarf. In einem Modellvorhaben unter Leitung der Radverkehrsprofessorin Martina Lohmeier der Hochschule RheinMain möchten das s:ne-Team dem nachgehen. Vorgesehen ist, mit Fahrtests Erfahrungen zu sammeln, um auf dieser Grundlage konkrete Handlungsempfehlungen für die Öffnung von Radverkehrsanlagen für S-Pedelecs zu formulieren.

Eine ausführlichere Darstellung der Erkenntnisse der Analysen ist im öffentlich zugänglichen Papier „Nutzung von Radverkehrsanlagen durch S-Pedelecs“ unter http://dx.doi.org/10.48444/h_docs-pub-305 zu finden.

Quelle: sne.h-da.de

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