Die Hochschule Darmstadt lädt alle Interessierten zur kostenlosen Ausstellung „Zukunft Innenstadt Dieburg“ ein, die von 3. bis 10. September 2021 auf dem Marktplatz Dieburg vor dem Minicafé stattfindet. Im Rahmen dieser Ausstellung werden das Aussterben der Innenstädte adressiert und lösungsorientierte, zukunftsfähige Stadtkonzept-Ideen vorgestellt, um Dieburgs Innenstadt trotz Onlineshopping und Malls fit und lebendig zu halten. Eingebettet in diesen Kontext fand am 07. September 2021, um 19.30 Uhr zudem eine Diskussionsrunde zur Zukunft der Innenstädte mit geladenen Gästen statt.
Die Ausstellung auf Dieburgs Marktplatz
Die Ausstellung „Zukunft Innenstadt Dieburg“ wurde im Rahmen eines Seminars am Fachbereich Architektur der Hochschule Darmstadt (Betreuung Prof. Astrid Schmeing) erarbeitet und zeigt die Herausforderungen und Möglichkeiten zukunftsorientierter Entwicklung von Innenstädten mit Fokus auf Dieburg auf.
Als Kooperations- und Gesprächspartner des Seminars stand die IHK Darmstadt, der Gewerbeverein Dieburg sowie die Stadt Dieburg zur Verfügung. Zudem führten die Studierenden eine nicht repräsentative Nutzerumfrage auf Facebook durch. Sowohl die Ergebnisse aus dieser Umfrage als auch Aussagen der Kooperationspartner sind in die Ausstellung eingeflossen, deren zentraler Bestandteil eine Mindmap ist, die hauptsächlich oben benannte Inhaltspunkte aufgreift und graphisch verarbeitet. Subsummiert wurden die Inhalte unter dem Entwicklungsziel “Treffpunkt Innenstadt”. Ergänzt wurde die Ausstellung um Stegreifergebnisse (unbetreute Kurzentwürfe), die sich dem Ausbau des öffentlichen Raumes gewidmet haben. Das Modul dockt an das Transferprojekt Systeminnovation für Nachhaltige Entwicklung (s:ne) der Hochschule Darmstadt an, in dem es unter anderem um zukunftsorientierte, nachhaltige Stadtentwicklung geht. Auch wenn in s:ne klimaangepasste Stadtentwicklung im Fokus steht, haben wir für die Lehrveranstaltung wie die Ausstellung einen breiteren Ansatz gewählt, in welchem die Nachhaltigkeit eher als eine alles durchziehende Dimension hineinspielt.
Eröffnet hat die Ausstellung am 3. September 2021. Anlässlich des Auftakts hatte der Gewerbeverein Dieburg leichte Bänke auf dem Marktplatz verteilt, an denen man sehr schön durchspielen könnte, welcher Gewinn für den öffentlichen Raum allein durch das Aufstellen solcher gegeben ist. Die Bänke wurden umgehend angeeignet, zurechtgerückt und zur (Corona-gerechten) Gruppenbildung genutzt. Zwei Bands mit Studierenden der Hochschule Darmstadt haben Subkultur eingebracht und den Tag atmosphärisch untermalt. “Treffpunkt Innenstadt” hat sich hier schon innerhalb weniger Stunden bewährt.
Die Podiumsdiskussion zur „Zukunft Innenstadt Dieburg“
Den Auftakt der Podiumsdiskussion (7.9.) am Campus Dieburg bildete die kurze Präsentation der Ausstellungsinhalte „Zukunft Innenstadt Dieburg“ seitens der Hochschule. Gemeinsam mit Expert*innen der Region wurde dann diskutiert, wie sich der Konsumstandort Dieburg verändern muss, um zukunftsfähig zu sein. In diesem Zusammenhang stellte sich auch die Frage, ob ein Rückgang der Konsumfunktion in unseren Innenstädten wirklich eine grundsätzlich negative Tendenz ist oder ob sich hieraus auch Chancen eröffnen, zu überdenken, welche Rolle die Ortskerne in unseren Städten spielen sollen. Darüber hinaus wurden weitere Blickwinkel thematisiert. Darunter z. B. Was erwarten wir von den historisch gewachsenen Ortskernen, die immer auch Zentren und Repräsentanten von Macht waren sowie gesellschaftliche Werte zum Ausdruck gebracht haben? Was ist nötig, um sie zukunftsorientiert aufzustellen? Welche Rolle spielt der Generationenwechsel?
Ziel war es, das Thema Innenstadtentwicklung gemeinsam anzugehen und mit verschiedenen Akteursgruppen zu bearbeiten. Dazu waren verschiedene geladene Gäste herzlich eingeladen, mit zu debattieren und die eigenen Standpunkte zu verdeutlichen: Was ist ihre Haltung zum Thema? Was erwarten sie von der Innenstadt der Zukunft? Welche Umsetzungsschritte muss wer gehen, und wer muss mit wem kooperieren? Letztendlich gilt es, Erkenntnisse mitzunehmen, die die Entwicklung zukunftsfähiger Innenstädte weiter voranbringen.
Im Flyer sind die geladenen Gäste sowie weitere Programmdetails aufgeführt.
Innenstädte & ihre neuen Herausforderungen
Entwicklung der Innenstädte
Der Schwerpunkt unserer Innenstädte liegt auf dem Konsum. Hier liegt die Fußgängerzone mit viel Einzelhandel, durchsetzt mit Gastronomie und Dienstleistung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist die Stadt in die Fläche gewachsen, erschlossen durch den motorisierten Individualverkehr. Die Innenstädte haben Konkurrenz bekommen in Fachmarktagglomerationen, großen Supermärkten, größeren Städte mit größeren Innenstädten, durch Malls und natürlich den stark wachsenden Online-Handel, der dem Einzelhandel zunehmend zu schaffen macht. Corona wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf die vorhandene Tendenz, die Zukunft der Innenstadt ist ungewiss.
Die Innenstadt ist aber auch unsere historische Ortsmitte, hier befinden sich neben dem „Markt“, bzw. den Konsumfunktionen, auch Rathaus, Schloss, Kultureinrichtungen, Gastronomie sowie insbesondere und vor allem öffentlicher Raum, der relativ frei nutzbar ist. Selbst wenn wir jenseits der Innenstadt wohnen, arbeiten, zur Schule gehen und unserer Freizeit nachgehen, ist die Innenstadt ein räumlicher Treffpunkt, auf welchen die meisten von uns mehr oder minder regelmäßig Zugriff nehmen. Sie ist (ein möglicher) Identifikationspunkt, den wir alle gemein haben und auf den sich die meisten einigen können. Im Seminar wurde das als Potenzial der Innenstädte identifiziert, das es zu wahren und auszubauen gilt.
Wenn man die Innenstadt nicht notwendigerweise braucht, muss sie für verschiedenste Zielgruppen so attraktiv sein, dass man sich dort aufhalten möchte. Die Innenstadt wird zum Erlebnisraum, wobei das Erlebnis auch sein kann, zu shoppen, einen Kaffee zu trinken, durch die Fußgängerzone zu schlendern, auf einer Bank zu sitzen, im Park ein Buch zu lesen oder mit Freunden zu picknicken.
Zusammenfassung des Seminarergebnis: “Zukunft Innenstadt Dieburg”
Die Entwicklung der Innenstadt muss auf verschiedene Herausforderungen reagieren, sie adressieren. Wir haben diese unter bestimmten Leitbegriffen zusammengefasst:
- Die Innenstadt braucht eine gesunde Mischung an Funktionen, die Wertigkeit vermitteln, sich an verschiedene Zielgruppen wenden und vom Handel über die Gastronomie bis zur Freizeitgestaltung reichen sollten. Einzelhandel sollte sich als Teil eines Ereignisraums verstehen und nicht nur als Verkaufsort.
- Die Digitalisierung ist ein Phänomen, dem sich der Einzelhandel nicht verschließen kann. Gerade in Zeiten zunehmender Digitalisierung wird die Innenstadt allerdings auch zum attraktiven Realraum, in dem man auf andere Menschen trifft. Corona hat gezeigt, wie groß unser Bedürfnis hiernach ist. Dennoch braucht der Einzelhandel eine Online-Präsenz und sei es, dass er im Internet auf sich aufmerksam macht.
- Heute kann keine Entwicklung mehr stattfinden, ohne dass ökologische Nachhaltigkeit mitgedacht wird. Die Innenstadt hat hier den Vorteil einer kompakten Bauweise, die flächensparend ist, dass sie in der geometrischen Mitte liegt und üblicherweise zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV gut erreichbar ist. Meist gibt es einen Mangel an Grün, so z. B. auch auf dem sich im Sommer überheizenden Marktplatz. Doch auch die Logistik oder das Warenangebot sind z. B. Themenfelder, wo im Hinblick auf Nachhaltigkeit noch viel Innovationspotenzial steckt.
- Wenn Innenstadt das Potenzial hat, Identifikationspunkt für viele oder gar alle Stadtbewohner zu werden, muss sie gemeinsam entwickelt werden und Raum für alle bieten. Hier sollen nicht nur Gewerbe (Einzelhandel, Gastronomie), sondern z. B. auch Bürgergruppen/Initiativen, nichtkommerzielle Vereine u. A. ihren Raum finden.
- Und ähnlich zu dem vorhergehenden Punkt: Die Entwicklung der Innenstadt ist ein sektorenübergreifender, komplexer Prozess, der nur gemeinsam gelingen kann. Sie betrifft die Verwaltung der Stadt, die Gewerbetreibenden und die Nutzer. Viele müssen Verschiedenes mit einbringen.
- Die Innenstadt der Zukunft, die sich an alle richtet, die neben Konsum- auch Umsonstfunktionen integrieren möchte, die Anlass zum Aufenthalt und zum Treffen bietet, braucht einen gut gestalteten öffentlichen Raum und ein gutes Stadtbild. Hier setzen die Stegreifthemen an, Innenstadt am Wasser, der grüne(re) Marktplatz als Herz der Stadt und grüner(er) Treffpunkt, Schaufenster als Stadtbild prägendes Element, über welches sich der Einzelhandel inszeniert sowie Wege in die Innenstadt.
Punkte wie diese wurden bei der Entwicklung von Ideen zur „Zukunft Innenstadt Dieburg“ berücksichtigt und tolle Stadtkonzepte erarbeitet. Besuchen Sie Dieburgs Marktplatz und machen Sie sich selbst ein Bild von „Dieburg von morgen“. Die Hochschule Darmstadt freut sich über Ihren Ausstellungsbesuch!
Autorin: Prof. Dr. Astrid Schmeing
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