Rund 200 Interessierte besuchten online das dritte Symposium zu transdisziplinärer Forschung (tF) im März 2021 „Vom Experiment zum Mainstream“. Das Symposium stand unter der Leitfrage, wie sich Experimentierräume mit Akteuren so aufbauen lassen, dass es gelingt, Entwicklungsprozesse in Richtung einer Nachhaltigen Entwicklung zu befördern. Die Diskussionen stützten sich auf die Erfahrungen aus 16 transdisziplinären Projekten, die eine große inhaltliche Spannbreite abdeckten: Sie reichten von gemeinsam mit Praxispartnern angegangenen Schritten, eine nachhaltigere Chemie in der globalen Lederlieferkette zu etablieren über Probleme der internationalen Kaffeemärkte bis hin zum Ausbau der Radinfrastruktur oder einer klimagerechten Stadtentwicklung. Übergreifende Fragestellungen waren dabei, was Charakteristika und Erfolgsbedingungen sind und wo typische „Stolpersteine“ liegen. Dabei ging es um Themen wie „Commitment“ der Beteiligten, Umgang mit Zielkonflikten und Verstetigung der begonnenen Prozesse durch die Umsetzung der Lösungsoptionen durch die Praxisakteure.
Das Symposium machte deutlich: Die transdisziplinäre und insbesondere die transformative Forschung hat sich eine gute Wissensbasis erarbeitet, die es ermöglicht, ein jeweils geeignetes konzeptionell methodisches Vorgehen für Experimentierräume zu wählen, um erfolgreich Lösungsoptionen mit den im Kontext der Problemstellung relevanten Praxisakteuren so zu entwickeln, dass diese in der Lage und bereit sind, diese auch umzusetzen.
Drei Punkte lassen sich hervorheben:
- Viele Projekte greifen, ähnlich wie im Ansatz der Hochschule Darmstadt, auf ein konzeptionell-methodisches Grundgerüst aus drei Stufen zurück (vgl. z.B. Lang et al. 2012: 28; Wanner et al. 2018: 102): Auch, wenn es in Abhängigkeit von den Problemstellungen und Veränderungsideen weitere Differenzierungen gibt, entwickeln sie in der Stufe A – begleitet durch geeignete Methoden/Werkzeuge – ein transdisziplinäres Problemverständnis, Ziele, Visionen und eine Forschungs- bzw. Transferfrage. In der Stufe B entwickeln sie auf dieser Basis mit den jeweils relevanten Praxisakteuren Lösungsoptionen, die sie i.d.R. in einem kleinen Maßstab erproben. Idealerweise gehen diese in der Stufe C in die praktische Anwendung; zugleich fließen neue wissenschaftliche Erkenntnisse zurück in die Forschung.
- Damit verbunden ist die Einbindung der relevanten Praxisakteure. Die Diskussionen zeigten, dass Commitment, Ownership und Verstetigung eng damit verknüpft sind, ob es in dem Prozess gelingt, die für die Umsetzung relevanten Akteure so ins Boot zu holen und zu halten, dass sie für sich selber Chancen darin sehen, den Lösungs-Prozess aus eigenem Antrieb fortzuführen („Ownership“).
- Als dritten Punkt ist festzuhalten, dass die Akteure der tF-Community ihre Annahmen über die Hebelpunkte, die Veränderungsprozesse auslösen, zu wenig explizit machen. Denn es ist davon auszugehen, dass diese „Wirkmodi“ einen Einfluss auf das konzeptionell-methodische Vorgehen in einem Forschungsprojekt haben. Hier könnte zukünftig ein differenzierterer Austausch über die Gelingens-Bedingungen für transformativ angelegte Forschungsprojekte entstehen, wenn das konzeptionell-methodische Vorgehen in den Kontext der Wirkmodi gesetzt wird.
Zu diesem Thema findet am 16. März im Rahmen der „Darmstädter Tage der Transformation“ der Workshop „Veränderungen aktiv gestalten“ statt.
Berichte zu den ersten beiden tF-Symposien im Jahr 2019 und 2020 gibt es ebenfalls im Nachhaltigkeitsblog.
Ausblick tF-Symposium 2022 – Lösungen entwickeln und erproben
Am 17. März 2022 lädt die Hochschule Darmstadt und die Schader-Stiftung zum vierten tF-Symposium ein – diesmal mit dem Schwerpunkt „Lösungen entwickeln und erproben“. Beteiligte aus transformativen Forschungs- und Transferprojekten sind aufgerufen, zu ihren Projekterfahrungen zu folgender Kernfrage in den Austausch zu gehen: „Wie gelingt es mit den jeweils relevanten gesellschaftlichen Akteuren gemeinsam Lösungen zu entwickeln und zu erproben, die reale Veränderungen in Richtung NE in Gang setzen?“. Dabei stellen folgende Fragen im Mittelpunkt:
- Wie sind im fortgeschrittenen Projektstadium Prozesse zu gestalten, um (aufbauend auf einem geteilten Problem-Verständnis) gemeinsam Lösungen zu erarbeiten?
- Wie schafft man es, das kreative, transformative Potential der Beteiligten zu mobilisieren (Ko-Produktion von Lösungen)?
- Welche Dialogformate, Methoden und Werkzeuge sind wann und unter welchen Umständen förderlich?
- Wie entsteht „Ownership“ bei den Praxisakteuren, die gemeinsam entwickelten Lösungen nach Projektende im größeren Maßstab umzusetzen?
- Lassen sich gescheiterte Lösungen auf Defizite im Prozess zurückführen?
Die Hochschule Darmstadt und die Schader-Stiftung laden Sie herzlich dazu ein, diese Fragen mit uns zu diskutieren und voranzubringen. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Die Anmeldung erfolgt über die Webseite der Schader-Stiftung.
Das jährliche tF-Symposium findet im Rahmen des Projekts Systeminnovation für Nachhaltige Entwicklung (s:ne) statt. Die Veranstaltung ist eingebettet in die Darmstädter Tage der Transformation, während derer an fünf, aufeinanderfolgenden Tagen intensiv Fragen rund um die Transformation der Gesellschaft hin zu einer nachhaltigeren Wirtschafts- und Konsumweise mit zahlreichen Partnerorganisationen, Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen diskutiert wird.
Autorin: Dr. Silke Kleihauer (Projektleiterin s:ne)
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