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Kreislaufwirtschaft auf dem Prüfstand

Quelle: Anna Schilling

Wie gut funktioniert die Mülltrennung an der Hochschule Darmstadt (h_da)? Wie können die Betriebsprozesse mit Fokus auf mehr Kreislaufwirtschaft optimiert werden? Wie können generell Ressourcen eingespart werden? Diese und weitere Fragen haben Studierende der Masterstudiengänge Bau- und Umweltingenieurwesen im Rahmen eines studentischen Projekts in den letzten Monaten versucht zu beantworten. Ziel war es, ein Optimierungskonzept zur Kreislaufwirtschaft in der Abfallbehandlung an der h_da zu entwickeln. Anfang Oktober stellten die Studierenden ihre Ergebnisse vor und formulierten konkrete Handlungsempfehlungen an die Hochschule. Diese basierten auf einer umfangreichen Analyse. Bei der Präsentation waren Vertreter*innen aus dem Präsidium, den Abteilungen Bau und Liegenschaften sowie Sicherheit und Umwelt und dem Nachhaltigkeitsmanagement anwesend. Außerdem waren neben den Studierenden die Projektverantwortlichen aus dem Fachbereich Bau-und Umweltingenieurwesen, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und dem Green Office vor Ort.

Umfassende Bestandsaufnahme der Ist-Situation

Zwei Studierendengruppen sollten sich vorstellen, als fiktive Beratungsbüros das Optimierungskonzept für die h_da zu erstellen. So nahmen „Mülltitalent consulting“ und „Effiziente Abfallverwertung Darmstadt“ ihre Arbeit auf. Sie führten zunächst eine detaillierte Ist-Zustands-Analyse durch. Dazu gehörte die Auswertung früherer Abfallsortierungen, Sichtkontrollen & Fotodokumentationen der verschiedenen Abfallcontainerstandorte, die Durchführung von Restabfallsortierungen und die Beobachtung der morgendlichen Abfallentsorgung durch das Reinigungspersonal.

Studierende bei der Restabfallsortierung (Quelle: Lenard Saenger)

Studierende bei der Restabfallsortierung (Quelle: Lenard Saenger)

Die Projektteams haben jeweils die Abfallmengenbilanzen der Hochschule ausgewertet. Die studentischen Beratungsteams kommen zu folgendem Ergebnis: Es besteht Handlungsbedarf! Trotz regelmäßig stattfindender Infokampagnen landet immer noch einiges im Restabfall, was dort nicht rein soll. Rund 68 Prozent des untersuchten Restabfalls waren sogenannte „Fehlwürfe“, Abfälle die vom Verbraucher im falschen Sammelbehältnis entsorgt wurden. Einsparpotential besteht laut der Studierenden vor allem für Altpapier, im Fachjargon „PPK“ (Papier, Pappe, Kartonage) genannt und Wertstoffe. Die Abfallsortierungen haben jedoch noch ein weiteres Problem offenbart: Fast 28 Prozent des Restmülls sind als eindeutig hochschulfremder Abfall identifiziert worden! Die bisher frei zugänglichen Großbehälter auf dem Hauptcampus scheinen also regelmäßig Ortsfremde dazu zu verleiten, ihren privaten Abfall unrechtmäßig an der Hochschule zu entsorgen.

Studierende entwickeln Monitoring-Tool

Nach der umfangreichen Bestandaufnahme haben die Ingenieur*innen gruppenweise ein Monitoring-Tool, ein sogenanntes Abfallkataster, entwickelt. Dieses soll die h_da bei der künftigen Überwachung der Betriebsprozesse in Richtung mehr Kreislaufwirtschaft unterstützen. Das Tool bietet die Möglichkeit der Bündelung aller wichtigen abfallbezogenen Daten. Es dient zudem der einfachen Abfrage und Übersicht entstandener Entsorgungskosten und Abfallmengen. Außerdem lassen sich mithilfe der Abfallkataster Indikatoren messen, die Aufschluss über zukünftige Veränderungen geben sollen. Ein Projektteam hat weiterhin ein Sortierkataster entwickelt, welches die Auswertung einer großangelegten Sortierkampagne vereinfachen kann. Letztere wird von allen am Projekt beteiligten Studierenden empfohlen, da die bisher durchgeführten Sortierungen lediglich eine Momentaufnahme abbilden können.

Fazit und weitere Handlungsempfehlungen für die h_da

Das Fazit der Studierenden: Es bestehen aktuell Defizite, die angegangen werden sollten. Fehlwürfe und hochschulfremder Abfall verursachen u.a. höhere und vermeidbare Kosten. Die Erfassung der benötigten Daten zur Optimierung der Prozesse ist aktuell umständlich, so dass Verbesserungen noch nicht oder nur schwer messbar sind. Durch die entwickelten Monitoring-Tools wird hier jedoch Abhilfe geschaffen. Die darin eingebauten Indikatoren (Gesamtabfallmenge, jährliche Entsorgungskosten, Anteile verschiedener Abfallfraktionen) können helfen, die Prozesse quantifizierbar zu machen und eine Grundlage dafür bieten, Verbesserungsmaßnahmen umzusetzen.

Weitere Handlungsempfehlungen runden die Konzepte der Studierenden ab:

  • Das Einzäunen und Abschließen bestehender Abfallcontainer,
  • weitere Sensibilisierung der Abfallerzeuger,
  • die weitergehende Schulung des Reinigungspersonals,
  • eine konsequente Umsetzung des Farbsystems für Entsorgungsbeutel,
  • eine kontinuierliche Datenerfassung durch hochschulweite Sortierkampagnen,
  • die Nutzung des Abfall- und Sortierkatasters sowie Digitalisierung von Dokumenten,
  • eine Reduktion von Einwegverpackungen in Mensen und Bistros sowie die
  • Durchführung regelmäßiger Abfallkontrollen durch geschultes Personal.

Ausblick: Abfallhof als Kompetenzzentrum für Kreislaufwirtschaft

Im Anschluss an die Projektpräsentationen hat Johannes Döring, Leiter des Green Office, passend zur vorangegangenen Thematik, die Bachelorarbeit von Nils Roßkopf mit dem Titel “ Beitrag eines Kreislaufwirtschaftszentrums zur nachhaltigen Entwicklung der h_da mit Fokus auf die Optimierung der Abfalllogistik“ vorgestellt. Die Arbeit, die im Tandem der Fachverantwortlichen aus Lehre und Betrieb betreut wurde, beschäftigte sich, ausgehend von den Ergebnissen des Studierendenprojekts, mit der Planung und den möglichen Funktionen eines Kompetenzzentrums für Kreislaufwirtschaft. Die Idee ist, die vorhandenen Abfallcontainerstandorte an einem zentralen Sammelplatz zu bündeln. Es soll jedoch nicht bei einem reinen Abfallhof bleiben; ein zugehöriges Kompetenzzentrum soll auch als Reallabor die Funktionen eines Lehr- und Lernorts für Kreislaufwirtschaft erfüllen.

Prof. Dr.-Ing. Iris Steinberg, Modulverantwortliche für das Kreislaufwirtschaftsprojekt und Betreuende der Abschlussarbeit von Herrn Roßkopf, bezeichnete das Kreislaufwirtschafts-Kompetenzzentrum als „potenzielles Leuchtturmprojekt – ein Projekt mit Strahlkraft, welches über die Grenzen der Hochschule hinweg wirken kann“.

Dr.-Ing. Seeberg, Leiter der Abteilung für Sicherheit und Umwelt an der h_da, zeigte sich von den präsentierten Ergebnissen und Ideen sehr angetan und betonte die Vorfreude auf eine zukünftige Zusammenarbeit bei der Umsetzung einiger der vorgestellten Maßnahmen.

Das Projekt fand in Zusammenarbeit mit der Abteilung Sicherheit und Umwelt und dem Green Office der der h_da statt und wurde von weiteren Fachbereichen unterstützt.

(Quelle: Lenard Saenger)

Autorinnen:
Lina Achilles, Mitarbeiterin Green Office
Sandra Müller, Mitarbeiterin Nachhaltigkeitsmanagement

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